Die Scham, stigmatisiert zu werden, überwiegt oftmals den Wunsch der Betroffenen, sich bei psychischen Erkrankungen Unterstützung zu holen, weswegen es dem Martin-Behaim-Gymnasium ein Anliegen ist, sich mit diesem Thema zu befassen und präventiv zu agieren. Aufklärung ist einer der Schlüssel zum Erfolg, die Scham der Betroffenen abzubauen, Wissen über dieses Thema zu verbreiten und vor allem auf entsprechende Hilfsmöglichkeiten hinzuweisen. Um das Wissen der Schulgemeinschaft zum Thema psychische Gesundheit/Erkrankung zu erweitern, veranstaltete die Schule im November sowie Dezember 2023 diesbezüglich unterschiedlichste Veranstaltungen. Gestartet wurde Ende November mit den Verrückt, na und?! – Workshops für die 8. Klassen, gefolgt von einem Informationsabend für die Elternschaft sowie Lehrkräfte der Schule und abgerundet wurde das Ganze im Dezember mit dem interaktiven Theaterstück – Icebreaker.

Workshop, Verrückt, na und?!

Da psychische Erkrankungen schon häufig im Jugendalter ihren Ursprung finden, ist es wichtig, schon früh zu beginnen, Jugendliche darüber aufzuklären und ihnen die Angst zu nehmen, sich bei Betroffenheit jemandem anzuvertrauen. Oftmals dauert es mehrere Jahre, bis sich Betroffene die erforderliche Hilfe holen. Daher haben wir auch in diesem Schuljahr das Projekt ‚Verrückt, na und?!‘, ein Programm von Irrsinnig menschlich e.V., zusammen mit dem Gesundheitsamt der Stadt Nürnberg in die 8. Klassen der Schule geholt. Ende November und Anfang Dezember 2023 haben Tandems aus fachlichen sowie persönlichen Experten die jeweiligen Schulklassen einen Vormittag lang durch einen Workshop geführt.

Durch abwechslungsreiche Methoden, wie Gruppenarbeiten, haben sich die Schülerinnen und Schüler des Martin-Behaim-Gymnasiums entsprechendes Wissen angeeignet. So bestehen nun Kenntnisse, welche Symptome auf eine mögliche psychische Erkrankung hinweisen und welche Symptome beispielsweise zum Leben dazugehören könnten. In einer Teamarbeit wurde zudem u.a. besprochen, welche Hilfsmittel der Seele in schlechteren Zeiten guttun könnten, und wurden im Anschluss daran graphisch in einem Notfallkoffer für die Seele festgehalten. Abgerundet wurde der Workshop dann jeweils mit einer biographischen Erzählung eines persönlichen Experten/einer persönlichen Expertin, welche/r von seinem/ihrem Durchleben einer psychischen Erkrankung berichtete und den Erfolg einer Genesung durch professionelle Unterstützung betonte.

Informationsabend zum Thema Depressionen im Jugendalter

Morgens nicht aus dem Bett kommen, häufig grundlos bedrückt sein und Hobbys bereiten dir keine Freude mehr? Dies sind nur einige der möglichen Symptome, wie sich eine psychische Erkrankung, wie Depression, bemerkbar machen kann. Die Depression ist bei Kindern und Jugendlichen, die meist diagnostizierteste, psychische Erkrankung und kann schwerwiegendste Folgen haben, weswegen der Fokus in den weiteren Veranstaltungen schwerpunktartig auf Depressionen gelegt wurde. Um neben der Schülerschaft auch die Lehrkräfte sowie Eltern an das Thema heranzuführen, wurde ein Informationsabend zum Thema ‚Depressionen im Jugendalter‘ organisiert und durchgeführt. Sprecher dieser Veranstaltung war Herr Prof. Dr. med. Hellmuth Braun-Scharm, ein erfahrener Kinder- und Jugendpsychiater und u.a. Mitglied in der Deutschen Gesellschaft für Suizidprävention (DGS), welcher seine Expertise zu diesem Thema einbrachte und Fragen der Zuhörer*innen beantwortete.

Icebreaker – Ein Theaterstück über depressive Erkrankungen bei Jugendlichen

Anfang Dezember fand zum selben Thema auch die Planung und Umsetzung des pädagogischen Theaterstücks ‚Icebreaker‘ statt, welches durch die Agentur für Kulturdesign speziell für Schulen entwickelt wurde. Schülerinnen und Schüler engagierten sich eine Woche lang für die Inszenierung eines interaktiven Theaterstückes, welches sich schwerpunktartig mit dem Thema „Depressionen im Jugendalter und mögliche Auswirkungen auf Angehörige“ befasste.

Gerade bei Jugendlichen besteht ein hohes Risiko eine Depression zu übersehen. Symptome, die beispielsweise für eine Depression typisch sein können, können gleichzeitig auch für die Pubertät charakteristisch sein. Zu unterscheiden ist jedoch, dass es sich bei Jugendlichen um temporäre Symptome handelt, wohingegen diese bei einer Depression über längere Zeit anhalten.

Während der Aufführung wurden die Zuschauer*innen gebeten, in die Rolle eines Facharztes zu schlüpfen und sich nach jeder einzelnen Szene, mit dem Verhalten der Protagonist*innen auseinanderzusetzen sowie dieses fachärztlich zu beurteilen. Dazu erhielt jeder/jede aus dem Publikum zu Beginn der Aufführung eine Checkliste zu möglichen Symptomen einer Depression, welche sie somit auf die Protagonist*innen anwenden konnten und sollten.

Die Zuschauer*innen erhielten somit durch das Theaterstück einen Eindruck, welche Formen von Depressionen und Anzeichen es gibt sowie mit welchen Sorgen/Ängsten Angehörige von psychisch Erkrankten (wie z.B. die Geschwister) konfrontiert sein können. Außerdem wurde dem Publikum der Umgang mit Depressionen sowie Hilfsmöglichkeiten spielerisch vermittelt.

Insgesamt fanden drei Aufführungen statt, welche es nicht nur der Schülerschaft, sondern auch der Öffentlichkeit (Elternschaft, Lehrkräfte, Schulräte, etc.) möglich machte, sich dieses gewinnbringende Theaterstück anzusehen und etwas dazuzulernen.

Ausblick

Da viele Menschen, und vor allem auch junge Menschen, im Laufe ihres Lebens selbst von psychischen Erkrankungen betroffen sein können, ist es bedeutend, dieses Thema auch in den zukünftigen Schuljahren zu behandeln. Daher soll es neben Angeboten für die Schülerschaft auch weiterhin Veranstaltungen für die Elternschaft sowie Kolleginnen und Kollegen geben. So ist für das zweite Schulhalbjahr 2023/2024 auch bereits ein Workshop zum Thema Essstörungen, ebenfalls für die 8. Klassen, geplant.

A. Seichter (Schulsozialpädagogin)